Besuch des ugandischen Botschafters: Der Wilkenshoff als Brücke zwischen zwei Welten
- 1. Okt.
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Wilkenshoff – 01. Oktober 2025
Es war ein Sonntagnachmittag, als H.E. Botschafter Stephen Mubiru, Leiter der ugandischen Botschaft in Berlin, gemeinsam mit seinem Team den Wilkenshoff besuchte. Anlass war die enge Verbindung zwischen Uganda und dem Hof, eine Beziehung, die durch den Austausch junger Landwirt:innen gewachsen ist und inzwischen weit über den praktischen Lernalltag hinausreicht.

„Ich bin der vierte Ugander, der hier durch das International Young Farmers Exchange Program (IYFEP) ein Praktikum absolviert“, erzählt Myres, der aktuell am Wilkenshoff lebt und arbeitet. „Für uns ist dieser Hof mehr als ein Arbeitsplatz – er ist ein Ort, an dem wir Einblicke in nachhaltige Landwirtschaft, Gemeinschaft und Kultur bekommen.“
Der Botschafter zeigte sich beeindruckt: „Ein Hof, der seit 465 Jahren besteht, ist ein starkes Zeichen dafür, wie wichtig Tradition und Nachfolge in Deutschland sind. Wir müssen in Uganda lernen, unsere Höfe für kommende Generationen zu erhalten und zu entwickeln.“
465 Jahre Tradition und ein Hof, der Brücken baut
Der Wilkenshoff in Ochtmannsbruch, südwestlich von Hamburg, blickt auf eine lange Geschichte zurück. Seit 1650 ist der Hof in Familienhand, heute geführt von Ulrike Cohrs und Claus Bohling. In den 1990er-Jahren stellten sie konsequent auf ökologische Landwirtschaft um, seit 2016 ist der Hof Bioland-zertifiziert.
Für Myres war das ein Kulturschock im besten Sinne: „Ich komme aus dem Distrikt Kamwenge in Uganda. Dort arbeiten viele Bäuerinnen und Bauern ohne langfristigen Plan, meist, bis der Boden erschöpft ist. Hier habe ich gelernt, was es bedeutet, für Generationen zu denken. Sogar die Eiche, die im 17. Jahrhundert gepflanzt wurde, steht heute noch als Symbol für diese Haltung.“
Ulrike und Claus nehmen diese Verantwortung nicht nur für ihre eigenen Flächen wahr, sondern auch im Austausch mit Uganda. So pflanzten sie gemeinsam mit ehemaligen Praktikanten Regenwaldbäume in Masaka mit der Vereinbarung, dass diese mindestens 150 Jahre lang nicht gefällt werden dürfen. „Das ist ein Vermächtnis, das weit über ein Menschenleben hinausgeht“, sagt Myres.
Vertrauen als gelebte Kultur
Besonders fasziniert zeigte sich Myres von der Alltagskultur in Ochtmannsbruch: „In diesem Dorf bleibt kein Haus verschlossen, nicht einmal nachts. Der Hofladen funktioniert ohne Aufsicht: Die Leute nehmen ihr Gemüse, werfen das Geld in eine rote Kiste und nehmen sich selbst das Wechselgeld. Diese Kultur des Vertrauens hat mich tief beeindruckt.“
Der Botschafter knüpfte in seiner Ansprache genau daran an: „Gemeinschaft entsteht durch Vertrauen. Das ist eine Stärke, die wir auch in Uganda noch stärker entwickeln müssen. Myres und seine Kolleg:innen können diese Erfahrungen mit nach Hause nehmen und dort weitertragen.“
Arbeitsethik und Pünktlichkeit eine neue Erfahrung
Auch der Arbeitsalltag war für Myres eine prägende Lektion. „In Uganda beginnen die meisten Bauern gegen 7 oder 8 Uhr, arbeiten bis mittags und verbringen den Rest des Tages im Dorf. Hier auf dem Hof haben wir von 6 oder 7 Uhr morgens bis 16 oder 17 Uhr gearbeitet – mit einer Präzision, die ich nicht kannte. Pünktlichkeit ist hier ein Wert an sich. Um 13 Uhr stehen alle wieder auf den Feldern, als hätte man eine Glocke geläutet.“
Für Myres war das anfangs ungewohnt, heute sieht er es als eine große Bereicherung: „Disziplin und Verlässlichkeit sind kein Zwang, sondern eine Stärke. Ich werde diese Haltung nach Uganda mitnehmen.“

Internationale Lernerfahrungen
Das Praktikum am Wilkenshoff ist eingebettet in das International Young Farmers Exchange Program (IYFEP). Neben der Arbeit auf dem Hof nehmen die Teilnehmenden auch an Seminaren teil, besuchen andere landwirtschaftliche Betriebe und vernetzen sich untereinander.
„Wir haben in Hannover Betriebe besucht, die auf Schafmilchprodukte spezialisiert sind oder auf solidarische Landwirtschaft setzen. Ich habe gelernt, wie wichtig Bildung auf dem Hof ist – nicht nur für die Auszubildenden, sondern auch für Kinder und Familien, die Landwirtschaft hautnah erleben können.“
Diese Eindrücke bestätigen Ulrike und Claus in ihrer Überzeugung, dass der Austausch in beide Richtungen wirkt:
„Wir geben Wissen weiter, aber wir bekommen auch sehr viel zurück – neue Perspektiven, andere Fragen, eine große Offenheit.“

Projekte für die Zukunft: Wasser, Strom, Gemeinschaft
Der Besuch des Botschafters machte deutlich, dass der Austausch längst über persönliche Erfahrungen hinausgeht.
James, der erste Praktikant aus Uganda, konnte mit Unterstützung des Hofes einen Brunnen bauen. Heute hat er nicht nur Wassersicherheit für seine Familie, sondern versorgt auch zehn Nachbarsfamilien und eine Gesundheitsstation kostenlos.
Mit einer Spende von Freund:innen des Hofes erhielt Myres 658 Pfund, um den Anschluss seines Dorfes in Kabuga an das Stromnetz voranzutreiben. „Ich habe gelernt, wie stark Gemeinschaft hier funktioniert. Diese Erfahrung möchte ich nutzen, um mein eigenes Dorf zu mobilisieren.“

Symbol einer Freundschaft
Der Botschafter fasste es so zusammen: „Das, was am Wilkenshoff entsteht, ist mehr als ein Praktikum. Es ist ein Austausch, der Wissen, Kultur und Menschlichkeit verbindet. Uganda braucht junge Menschen, die lernen, langfristig zu denken und die dieses Denken in ihre Heimat tragen.“
Für Myres war der Besuch eine Bestätigung:
„Ich habe gesehen, dass unsere Erfahrungen hier ernst genommen werden. Dass ein Botschafter Zeit findet, zu einem Hof zu kommen, zeigt, welche Bedeutung dieser Austausch hat.“

Landwirtschaft verbindet Kontinente
Der Wilkenshoff ist ein Beispiel dafür, wie Landwirtschaft weit mehr sein kann als Produktion. Sie kann Brücken bauen zwischen Kulturen, Generationen und Kontinenten.
„Wenn wir Bäume pflanzen, dann tun wir das nicht nur für uns, sondern für unsere Kinder und Kindeskinder. Und wenn wir Erfahrungen austauschen, dann tun wir das nicht nur für heute, sondern für die Zukunft unserer Länder“, sagte Claus beim gemeinsamen Mittagessen.
Der Botschafter nickte: „Das ist die Haltung, die wir brauchen in Uganda, in Deutschland und weltweit.“
Fazit
Der Besuch des ugandischen Botschafters war für den Wilkenshoff ein besonderer Höhepunkt und für Myres ein unvergesslicher Moment in seinem Praktikum. Er machte sichtbar, was Austauschprogramme leisten können: nicht nur Wissen vermitteln, sondern Vertrauen schaffen, Werte weitergeben und Perspektiven eröffnen.
So wird aus einem Bauernhof im niedersächsischen Ochtmannsbruch ein Ort, an dem Geschichte und Zukunft, Uganda und Deutschland, Tradition und Innovation zusammenfinden.
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